Von engen Straßen und weitem Land ... eine Tour im Bremer Blockland

Wochenendtour

Von engen Straßen und weitem Land ... eine Tour im Bremer Blockland
(26. - 27. August 2017)
 
Wie war das? Vor die Mühe hat irgendjemand den Schweiß gesetzt ...? So ungefähr fühlten sich neun Lister Paddler und Paddlerinnen am letzten Augustwochenende. Bevor noch ein einziger Paddelschlag getan wurde, hatten wir schon mit den Tücken der Zufahrten zu den Bremer Kanuvereinen zu kämpfen: Sackgassen, enge Straßen und Volksfeste warfen sich uns in den Weg. So war es ein erholsamer Moment, nach Rangiererei und Zeltaufbau endlich Wasser unter dem Kiel zu haben. Es war die breite Lesum, in die wir bei TuRa Bremen einsetzten, und es war Niedrigwasser. Die Flüsse nördlich von Bremen sind immer noch Tidengewässer und zwar tückische: knapp fünf Stunden auflaufendes und siebeneinhalb Stunden ablaufendes Wasser und der Kulminationspunkt wandert gehörig. Wenn man mit dem Strom paddelt, kommt einem das Wasser schneller wieder entgegen als man denkt. So können sie planlose Paddler damit ganz schön ärgern. Wir aber hatten einen Plan!
Plan A sah vor, mit dem Niedrigwassertal die Lesum und die Wümme hinaufzufahren bis zur Schleuse Dammsiel, und er funktionierte perfekt. Erstaunlich wie ruhig es am Rande einer Großstadt auf dem Wasser sein kann. Nur wenige Motorboote störten unsere kontemplative Fahrt. An den schlickigen Uferböschungen ließ sich erkennen, dass wir bei Hochwasser aus zwei Meter höherer Lage auf das flache Land geschaut hätten.
 
Der Schleusenwärter sah uns schon kommen und öffnete sein Tor, bevor wir überhaupt die Chance hatten ihn raus zu klingeln. Die Verweildauer in der Schleusenkammer war kurz. Kritische Geister zweifelten am Vorhandensein eines Höhenunterschieds vor und hinter der Schleuse. Dies war übrigens der perfekte Ort für eine Stärkung im benachbarten "Draußen nur Kännchen"-Ausflugslokal. Wir erfreuten uns an Kaffee, Alster und Eis mit Heidelbeeren, an den Gesprächen vom Nachbartisch und dem Bremer Stadtpanorama (für Leute, die sich die Mühe machten, den Toilettenschlüssel zu ergattern). Außerdem: Was gibt es besseres beim Essen, als bereits die nächste Mahlzeit zu planen.
 
So, nun waren wir in der Umdeichung des Blocklandes, das die Bremer Bevölkerung über Jahrhunderte durch Kanalisierung urbar gemacht und den Flüssen abgetrotzt hat. Das Resultat sind Schrebergartenkolonien entlang der seerosenbedeckten Kleinen Wümme, die auch mehr ein Kanal als ein Fluss war - ein recht idyllischer aber zumeist. Zwischen Luxuslauben und Bruchbuden, Grillduft und verschiedensten Musikfetzen ließen sich so prima Sozialstudien im Hinterhof der Hansestadt betreiben. 
 
Bald wurde es wieder städtischer, die Bremer Müllverbrennungsanlage nahte - und, nein, sie war nicht der Ursprung des bei der vormittäglichen Autoanfahrt gesichteten schwarzen Rauchs. 
 
Hier aber gab es eine Staustufe mit der überwältigenden Fallhöhe von ca. 30cm und eine Schleuse zur Überwindung derselben. Sebastian und Thomas betätigten sich als Schleusenwärter – ein herausfordernder und gefährlicher Job, bei dem schon mal ein Finger in der handbetriebenen Maschinerie zurückbleiben oder ein Sprung zwischen den sich öffnenden Toren im Wasser enden konnte. 
 
Von hier aus waren es nur noch wenige Kilometer durch das grüne Gewölbe des Bremer Stadtwaldes bis uns am Ende einer Reihe von Bootshäusern unsere Zelte wieder begrüßten. Störtebeker Bremer Paddelsport e.V. war erreicht. Doch lange verweilen konnten wir nicht - der Hunger hatte sich schon länger bemerkbar gemacht. Die Wahl zur Beseitigung desselben war schon früh auf einen gerade noch fußläufig zu erreichenden bayrischen Biergarten gefallen, der zwar leckere und reichliche Gerichte für uns bereithielt, aber darüber hinaus auch mit einem Übermaß an süddeutschem Lokalkolorit glänzte. Eine krachlederne und bedirndelte Festgesellschaft ließ uns bald zu unseren norddeutschen Wurzeln, sprich Zelten, zurückkehren. Der einzige Schauer des Tages wartete glücklicherweise, bis wir mit unseren Absackern am überdachten (!) Grillplatz unseres Gastgebervereins Platz genommen hatten.
 
Der nächste Morgen wurde eingeleitet von einem eifrigen, lokalen Faltbootfahrer-Original. Unseren wehrlosen, noch von Müdigkeit gezeichneten Gesichtern wurde die vollständige Geschichte der Weser-Tiden-Rallye nahegebracht - mit der Aufforderung, sich doch dieses Weltereignis zumindest für's nächste Jahr im Kalender freizuschaufeln. Weitere Themen: die Vortrefflichkeit des Faltbootfahrens nebst dessen Wirkung auf die Ertüchtigung der Jugend sowie die generelle Beschaffenheit und Vortrefflichkeit sämtlicher Bremer Wasserwege. Der Verfasser dieser Zeilen war nach dem Vortrag in der Lage sich deutlich besser in den Kollegen hineinzuversetzen, der eine schlaflose Zeltnacht hinter sich gebracht hatte. Nichtsdestotrotz begann der Tag sehr sonnig und aufmunternd. Die ersten Kilometer auf dem schnurgeraden Kuhgraben brachten wir schnell hinter uns, dann gab es eine Zwangspause, da wir auf die Schleusung zur Wümme warten mussten - diesmal in einer deutlich komfortableren Selbstbedienungsschleuse mit deutlich größerem Hub: "Draußen" herrschte inzwischen Hochwasser. Unserem frohgemuten Paddeldozenten vom Morgen liefen wir hier auch wieder vor den Bug und so wurde ein Großteil unserer Gruppe auf den ersten Wümmewindungen flussabwärts über Freuden und Vorteile des Faltbootfahrens (und der stets mitzuführenden orangenen Luftrolle) aufgeklärt. Wer gerade nicht zuhören musste, konnte die Landschaft genießen, die bei Hochwasser deutlich anders aussah als gestern bei Niedrigwasser. Der Blick schweifte über flache Wiesen, die man sich auch gut ganz landunter vorstellen konnte, statt an schlickigen Uferbänken unterhalb der Baumwurzelzone hängenzubleiben. So konnten wir auch noch an einem etwas rustikalen Ausstieg den Fluss verlassen, um uns auf einem nahegelegenen Biohof mit lokalproduziertem Eis zu stärken. Besonders beliebt war die Sorte "Mohn" - warum führte sie bloß zu Suchterscheinungen?
 
Beim Wiedereinsetzen der Boote war schon das Fortschreiten des Ebbstroms zu erkennen. Statt an der sumpfigen Uferkante einen Ausrutscher mit unfreiwilligem Bad zu riskieren, rutschten wir gleich mit Boot von der Uferkante. Kenterungen blieben aus, aber es war schon eine schlammige Sache. Die letzten 17 km paddelten wir dann gestärkt am Stück, um vor dem Umschlag der Tide wieder bei TuRa anzukommen. Dort wurden wir standesgemäß mit einer Dixielandband empfangen und konnten auf dem dazugehörigen Stadtteilfest unsere verpaddelten Kalorien adäquat ersetzen. Bevor wir den Heimweg nach Hannover antreten konnten, mussten wir Bus und Hänger ein letztes Mal durch Menschenmassen, Marktstände und enge Sträßchen navigieren. Es bleiben schöne Erinnerungen an ein gelungenes Fahrtenwochenende mit einer entspannten, fröhlichen und einsatzfreudigen Mannschaft in einem vielfältigen und durchaus erweiterbaren Paddelrevier.

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